Wenn der Darm streikt
Neben organischen Erkrankungen wie chronischen Darmentzündungen, Divertikeln oder Pilzinfektionen spielen vor allem funktionelle Darmerkrankungen wie der Reizdarm oder die chronische Verstopfung in den westlichen Industrienationen eine große Rolle. Die gesunde Darmflora ist eine wesentliche Voraussetzung für einen gesunden Darm. Ist die Darmflora in ihrer Zusammensetzung und Funktion gestört, können vielfältige Krankheitserscheinungen auftreten wie zB. Durchfall, Stuhlverstopfung, das Reizdarm-Syndrom oder chronische Darmentzündungen.
Der Magen- Darmtrakt ist besiedelt von einer unvorstellbar großen Zahl von Kleinstlebewesen (Mikroorganismen). Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Bakterien. Die meisten Bakterien finden sich dabei im Dickdarm. Zusammengefaßt werden diese Keime als Darmflora bezeichnet. Wenn man sich nun vorstellt, daß die Oberfläche des Magen- Darmtraktes mit etwa 200 m² so groß wie ein ganzes Tennisfeld ist, kann man verstehen, daß Störungen dieser Darmflora zu negativen Einflüssen auf unsere Verdauung und unser Abwehrsystem führen können.
Der
Reizdarm (Colon irritabile) ist die häufigste Erkrankung des Darmes.
Etwa 15% der erwachsenen Bevölkerung leiden unter dieser Erkrankung.
Im mittleren Lebensalter sind besonders Frauen betroffen.
Die Therapie des Reizdarmes ist grundsätzlich sehr komplex. Die Ernährung sollte individuell gestaltet werden. Lebensmittel, welche die Symptomatik auslösen oder verstärken ( vor allem Kaffee, rohes Obst, gebratene Speisen, alkoholische Getränke und Milch ), sollten gemieden werden. Bei gleichzeitiger Verstopfung kann die Gabe von Weizenkleie oder Leinsamen als Ballaststoffträger erfolgen, wobei unbedingt auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten ist. Entspannende Bauchmassagen und Ausstreichen des Darmes fördern oftmals die Darmmobilität. Bei Stress im Alltag können Entspannungsübungen wie Autogenes Training, Joga, Qi Gong oder Tai Chi die Beschwerden oft erheblich mildern. Medikamente wie Abführmittel oder stopfende Substanzen sollten auf jeden Fall gemieden werden, da rasch Gewöhnungseffekte eintreten und die Darmflora in ihrem Gleichgewicht noch mehr geschädigt wird. Die Zufuhr von natürlichen Darmorganismen in Kapselform oder seit einiger Zeit auch in diversen Milchprodukten angereichert, führt häufig zu einer Verbesserung der Beschwerdesymptomatik. Akupunktur
und Akupressur können durch eine Wiederherstellung des Energiegleichgewichtes
die Darmfunktion regulieren und eignen sich hervorragend für die
Behandlung des Reizdarmsyndroms.
Die
in westlichen Industrieländern häufige Verstopfung ( Obstipation
) beruht ebenfalls auf einer Funktionsstörung des Darmes. Schätzungsweise
leiden 20% der Bevölkerung an Episoden von Verstopfung. Etwa 2-5%
nehmen regelmäßig Abführmittel ein. Die Veränderungen
der Stuhlgewohnheiten sind zum Teil von erheblichen Mißempfindungen
wie Völlegefühl, verstärkte Blähungen, Bauchschmerzen
und allgemeiner Leistungsschwäche begleitet. Der Patient hat das
Gefühl, daß die Stuhlentleerung nur durch heftiges Pressen
möglich ist. Ebenso wird von unvollständigen Darmentleerungen
berichtet. Die Hauptsache für die chronische Verstopfung ist in einer tiefgreifenden Ernährungsumstellung zu sehen. Seit den dreißiger Jahren geht der Verzehr von komplexen Kohlenhydraten wie Getreideprodukten, Reis, Kartoffeln, Hülsenfrüchten und Ballaststoffen zugunsten von Fetten, Eiweiß und einfachen Kohlenhydraten wie Zucker zurück. Gerade aber die ballaststoff-und stärkereiche Kost hat eine natürliche abführende Wirkung. In vielen Fällen spielen auch eine unzureichende Flüssigkeitsaufnahme oder gerade bei älteren Menschen medikamentöse Nebenwirkungen eine Rolle bei der Auslösung der Verstopfung. Die Obstipation zählt ebenfalls zu den funktionellen Darmstörungen ohne wesentliche organische Veränderungen. Wie schon beim Reizdarm muß auch hier entsprechend abgeklärt werden. Ernährungsempfehlungen: Ballaststoffreiche
Kost ( mindestens 30g Ballaststoffe pro Tag ) mit hohem Anteil an Vollgetreide,
Gemüse und Salat ist empfohlen. Die Steigerung des Ballaststoffanteils
der Kost sollte schrittweise erfolgen, um unerwünschte Nebenwirkungen
wie Blähungen und Völlegefühl zu vermeiden. Diese Symptome
bestehen oft nur vorübergehend. Auf eine gleichzeitig ausreichende
Flüssigkeitszufuhr ist zu achten. Sollte eine Ernährungsumstellung
nicht durchführbar sein, können Ballaststoffe wie Milchzucker
und Weizenkleie als Zusatzpräparate verabreicht werden. Ein bestehender
Mißbrauch von Abführmittel sollte schrittweise reduziert werden.
Besonders
die Besiedlung des Darmes mit Candida wird zu einem ernsten Problem hochgespielt.
So ist Candida ein normaler Bestandteil der Darmflora und kann sowohl
in Stuhlkulturen als auch in Bluttests mit einer gewissen Konzentration
festgestellt werden. Eine Vielzahl von Symptomen wie übler Mundgeschmack,
Zungenbelag und Zungenbrennen, Blähungen, Verdauungsstörungen
mit Völlegefühl und aufgetriebenem Bauch, Durchfall mit stinkenden
Stühlen bis hin zu allgemeiner Müdigkeit, Abgeschlagenheit und
unerklärlicher Gewichtszunahme werden mit den "gefürchteten
Pilzinfektionen" in Verbindung gebracht. Natürlich gibt es auch eine echte Übersiedelung des Darmes mit Pilzen (intestinale Candidamykose ). Diese kann häufig durch eine vorhergehende Antibiotikatherapie oder bei Patienten mit einer generellen Abwehrschwäche entstehen. Durchfälle und Ekzeme im Afterbereich sind das Hauptmerkmal. Stuhlkulturen und Bluttests zeigen hierbei die Sprosspilze in deutlich erhöhten Konzentrationen. Ein solcher Befund muß natürlich mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden.
Darmentzündungen wie die Colitis ulcerosa oder der Morbus Crohn, aber auch ein massiver Befall des Dickdarmes mit Divertikeln ( Schleimhautausstülpungen der Darmwand) führen häufig zu Beschwerden, die jenen der funktionellen Darmstörungen ähnlich sind. Allgemeinsymtome wie Fieber, Leistungsabfall, Müdigkeit, Appetit- und Gewichtsverlust, unregelmäßiger Stuhlgang mit Episoden von Durchfall, Beimengungen von Blut und Schleim im Stuhl, krampfartige oder dumpfe Bauchschmerzen treten häufig auf. Entzündliche Darmerkrankungen stellen ein ernstes gesundheitliches Problem dar. Im Gegensatz zu den vorher genannten Erkrankungen wie Reizdarm und chronische Verstopfung liegen hier oft schwerwiegende organische Veränderungen vor. Neben der Verordnung von speziellen Diäten müssen meist entzündungshemmende Medikamente verabreicht werden. Insgesamt
wird die Bedeutung des Darmes im Vergleich zu anderen Organen wie Herz
oder Niere noch immer unterschätzt. Zunehmend wird aber die Erkenntnis
gewonnen, daß ein nicht richtig funktionierender Darm krank macht. |